Wie sieht die Medienwelt in Zukunft aus? Wie funktioniert Bildjournalismus in 10 Jahren? Um diese Fragen geht es im Freelens Magazins Nr.31/2021(erschienen 2011). In dieser Ausgabe wird versucht mit fiktiven Geschichten ein Bild der Fotoszene im Jahr 2021 zu entwerfen. Fiktive Fotografen mit fiktiven Geschäftsideen und vieles mehr.
Der Schwerpunkt in diesem Heft liegt nicht bei den Bildinhalten, sondern es geht um die technischen Veränderungen und deren Auswirkungen auf den Bildjournalistenberuf.
Beim Durchblättern des Heftes holte mich dann wieder meine eigene Geschichte ein. Ich musste mich an die Fototage 1997 in Herten erinnern, wo ich als Redakteur und Mitarbeiter des damals neuen französischem Internet Magazin photographie.com auf dem Podium (Thema: Zukunft des Bildjournalismus) saß und meine Thesen über die Möglichkeiten des Internets für Fotografen vortrug. Wir waren damals von der Idee fasziniert, dass durch das Internet den Fotografen die Möglichkeit gegeben wird, ihre Bilder einfach und schnell zu zeigen, zu verkaufen und zu senden. Wir waren der Annahme, dass die Fotografen in Zukunft besser international agieren könnten und dadurch neue Märkte erschließen würden. Wir glaubten sogar, dass die Fotografen sich von den Agenturen "befreien" könnten. Dass das Internet alles radikal verändert hat, hat die Geschichte bewiesen, dass es den Fotografen besser gehen würde, hat sich nicht bestätigt. International gut agieren jetzt die ganz großen Agenturen, welche neue Märkte erschlossen haben und sich von den Fotografen "befreit" haben. (Nicht viele Fotografen heißen “David”.)
Ich bin sicher, dass man bei Vielem, was 2011 im Freelens Magazin bedacht wird, in 10 Jahren ins Schmunzeln kommt.
Die Bildsprache der Fotografen hat sich sich in den letzten 30 Jahren erheblich verändert.
Als ich 1983 in Bielefeld mein Fotografie-Studium begann, erschien das Buch “Wir- Fotografen sehen die Bundesrepublik”.(Herausgeber Jörg Boström, Richard Grübeling, Beltz Verlag ISBN 3 407850409) Ein Buch mit 230 Schwarzweiß Aufnahmen, aufgenommen von Fotografen mit unterschiedlichstem Background. Auf jedem Bild Menschen, im Beruf, in der Freizeit, aktiv. Eine gesellschaftspolitisch engagierte Fotografie. Die Themen sind klar definiert. Arm und Reich, Jung und Alt, Mann und Frau, früher und heute, Integration, Ausgrenzung, Liebe und Einsamkeit. Genauso klar wie die Themen ist auch die Fotografie. Die Kompositionen sind eindeutig, genauso eindeutig wie die politische Einstellung der Fotografen. Bei jedem Bild spürt man die Suche nach einer Perfektion, der richtigen Brennweite, dem richtigen Kamerastandpunkt, dem richtigen Ausschnitt. " Der Triumph eines Fotografen ist es, Ordnung aus dem Chaos zu schaffen, ohne das Chaos dabei zu verraten." So hat es Richard Avedon in seinem Interview mit dem Spiegel 1994 formuliert. (Spiegel 38/1994 Seite 235) Aber das große Problem im Bildjournalismus herrschte auch damals schon: wie bekomme ich als Fotograf meine Bilder veröffentlicht, wer druckt sie und vor allem wer bezahlt. Deutlich wird das bei “WIR” schon im Waschzettel, indem von "großenteils unveröffentlichten Fotografien" gesprochen wird.
Beim Durchblättern des Heftes holte mich dann wieder meine eigene Geschichte ein. Ich musste mich an die Fototage 1997 in Herten erinnern, wo ich als Redakteur und Mitarbeiter des damals neuen französischem Internet Magazin photographie.com auf dem Podium (Thema: Zukunft des Bildjournalismus) saß und meine Thesen über die Möglichkeiten des Internets für Fotografen vortrug. Wir waren damals von der Idee fasziniert, dass durch das Internet den Fotografen die Möglichkeit gegeben wird, ihre Bilder einfach und schnell zu zeigen, zu verkaufen und zu senden. Wir waren der Annahme, dass die Fotografen in Zukunft besser international agieren könnten und dadurch neue Märkte erschließen würden. Wir glaubten sogar, dass die Fotografen sich von den Agenturen "befreien" könnten. Dass das Internet alles radikal verändert hat, hat die Geschichte bewiesen, dass es den Fotografen besser gehen würde, hat sich nicht bestätigt. International gut agieren jetzt die ganz großen Agenturen, welche neue Märkte erschlossen haben und sich von den Fotografen "befreit" haben. (Nicht viele Fotografen heißen “David”.)
Ich bin sicher, dass man bei Vielem, was 2011 im Freelens Magazin bedacht wird, in 10 Jahren ins Schmunzeln kommt.
Die Bildsprache der Fotografen hat sich sich in den letzten 30 Jahren erheblich verändert.
Als ich 1983 in Bielefeld mein Fotografie-Studium begann, erschien das Buch “Wir- Fotografen sehen die Bundesrepublik”.(Herausgeber Jörg Boström, Richard Grübeling, Beltz Verlag ISBN 3 407850409) Ein Buch mit 230 Schwarzweiß Aufnahmen, aufgenommen von Fotografen mit unterschiedlichstem Background. Auf jedem Bild Menschen, im Beruf, in der Freizeit, aktiv. Eine gesellschaftspolitisch engagierte Fotografie. Die Themen sind klar definiert. Arm und Reich, Jung und Alt, Mann und Frau, früher und heute, Integration, Ausgrenzung, Liebe und Einsamkeit. Genauso klar wie die Themen ist auch die Fotografie. Die Kompositionen sind eindeutig, genauso eindeutig wie die politische Einstellung der Fotografen. Bei jedem Bild spürt man die Suche nach einer Perfektion, der richtigen Brennweite, dem richtigen Kamerastandpunkt, dem richtigen Ausschnitt. " Der Triumph eines Fotografen ist es, Ordnung aus dem Chaos zu schaffen, ohne das Chaos dabei zu verraten." So hat es Richard Avedon in seinem Interview mit dem Spiegel 1994 formuliert. (Spiegel 38/1994 Seite 235) Aber das große Problem im Bildjournalismus herrschte auch damals schon: wie bekomme ich als Fotograf meine Bilder veröffentlicht, wer druckt sie und vor allem wer bezahlt. Deutlich wird das bei “WIR” schon im Waschzettel, indem von "großenteils unveröffentlichten Fotografien" gesprochen wird.
1997 Fototage Herten. Ein neues Buch ist auf dem Markt : Contemporary german photography (Taschen, 1997, Markus Rasp) Die Fotografie ist in Farbe; sie ist anders.
Im Vordergrund steht nicht mehr das Thema, sondern der Autor. Man reist durch die Welt und konstruiert aus den Bildern Serien. Viele Bilder funktionieren nur in der Serie, sind als Einzelbild nicht mehr einzuordnen. Die Fotografie scheint nicht mehr ordnen zu wollen.
Der Fotojournalismus ist zur Kunst geworden. Die Kunst will Fotojournalismus sein. Die Fotografen arbeiten an Themen und Serien, man will aber nicht immer nur erklären, es bleiben oft viele Fragen. Die Fotografie auf dem Weg in die Beiläufigkeit? Es ist der Wunsch sich von dem Alten los zu lösen, Avantgarde zu sein. Sicherlich auch die Suche nach neuen Verdienstmöglichkeiten(Galerien, Kunstmarkt etc.)läßt die Fotografen neu Wege gehen. Parallel werden die Serien in den Bildredaktionen gezeigt. Alles geht und geht nicht. Dieses wird auch im Vorwort von Ulf Erdmann Ziegler deutlich. Da wird mit dem “entscheidenden Augenblick” abgerechnet, es wird die Befreiung der Fotografen gefeiert und von Robert Frank bis zu den Bechers alles in einen Topf geworfen. Für mich ist das nicht immer nachvollziehbar.
Die Fotografin Angela Neuke bleibt dann einziges Bindeglied zwischen beiden Büchern (Wir Seite 20 und 43, Contemporary german photography ,Vorwort)
Der “klassische” Fotojournalismus (hauptsächlich in Deutschland) in der Tradition eines Jürgen Heinemann oder Robert Lebeck scheint am Ende zu sein.
Doch auch 1997 , 14 Jahre nach “WIR”, sind die Probleme geblieben. Die Fotografien im Buch von Markus Rasp (Herausgeber) sind fast alle (in Zeitschriften) unveröffentlicht. Unveröffentlichte Bilder sind nach Oliviero Toscani (Interview Photographie.com 1996) wertlos, da sie nicht Ihrer Bestimmung, nämlich der Kommunikation dienen. Eine gewagte These über die sich damals sehr aufgeregt wurde.
Trotzdem die Veränderung der Sichtweisen hatte Ihren Einfluss, änderte das Erscheinungsbild der Magazine und die Sehgewohnheiten der Leser.
Die Frage, die sich stellt und die es zu diskutieren gilt: Hat sich die Fotografie durch diese Neuorientierung zu einem grafischen, austauschbarem Element degradiert ?
Oft scheint es so zu sein. Auch die Tatsache, dass die Presse Ihre Bilder kaum noch in Auftrag gibt und lieber auf die unüberschaubare Masse von Fotos aus den Archiven zurückgreift, spricht nicht gerade für eine starke Position der Bildjournalisten. Die Leser scheinen es nicht zu merken, wenn die Fotos schon etwas älter sind oder wenn Reportagen mit zehn Bildern von 10 verschiedenen Fotografen erstellt wurden. Die Zeitschriften werden heute fast ausschließlich nach ökonomischen Gesichtspunkten produziert. Die Vorgaben für die Bildredakteure sind dementsprechend.
Was ist aus den Fotografen von contemporary german photography geworden?
Wenn man im Internet stöbert stellt man fest: Sie sind alle noch "zeitgenössisch", alle haben noch etwas mit dem Medium zu tun. Viele verdienen Ihren Unterhalt mit Corporate Photography, mit glatten Manager Bildern, die so gar nicht mehr in das Bild von 1997 passen. Andere, wie Eva Leitholf und Wolfgang Bellwinkel (Wolfgang sei gegrüßt), sind Ihrem Stil treu geblieben.
Wie geht der Fotografennachwuchs mit dem Medium um ? Die Generation meiner Tochter (http://s-l-t.blogspot.com/) hat das Netz der unbegrenzten Möglichkeiten für sich entdeckt. Facebook, Blogspot, MySpace, Twitter, Tumblr sind die neuen Orte für Bilder. Schnell, flüchtig, sich ständig ändernd, immer aktuell. Eine neue Form der Kommunikation. Aber im Netz sind alle gleich, jeder ist User, ob Profi oder Amateur (siehe Artikel im Spiegel 15/2009). Stellen wir uns eine Welt vor mit einer Milliarde Blogs, auf denen eine Milliarde Menschen Ihre Gedanken und Bilder hochladen. Bildern aus Handys von unterwegs..... Oh, ich hätte es beinahe vergessen; es ging ja um professionelle Fotografie und nicht um Bilderfluten, oder waren nicht auch schon Handybilder auf Titelseiten? Es geht auch um Geschäftsideen und Geld verdienen. Findet professionelle Fotografie bald nur noch im Werbestudio statt? Am Computer? Muß sich die professionelle Fotografie neu erfinden, neue Dienstleistungen anbieten? Im Internet bei den Magazinen (z.B. Merian) gibt es wahrscheinlich bald nur noch Lesergalerien. Jeder kann mitmachen, der Bildredakteur wählt aus. Viele Fragen, die bei Freelens nicht angeschnitten werden. Wie verändert die Bilderflut auf Facebook und Co. unsere Sehgewohnheiten? Unsere Suche nach Informationen hat das World Wide Web bereits revolutioniert. Werden in der digitalen Welt eventuell Handybilder als real und Auftragsbilder als manipuliert wahrgenommen? Was passiert da eigentlich im Internet?
Andreas Licht (1997): "Wir waren damals von der Idee fasziniert, dass durch das Internet den Fotografen die Möglichkeit gegeben wird Ihre Bilder einfach und schnell zu zeigen, zu verkaufen und zu senden." Vereinzelt funktioniert das gut. Aber die Flut der Bilder wächst; mit nach meiner Meinung nicht vorhersehbaren Konsequenzen.
Und da gibt es auch noch die Diskussion über Bildbearbeitung, Photoshop und die Wahrhaftigkeit der Fotografien. Irgendwie werfe ich jetzt alles durcheinander. Von welcher Fotografie rede ich eigentlich? Bildjournalismus, Reisefotografie, Modefotografie, Dokumentarfotografie, Werbefotografie. Die Grenzen sind verschwommen. Der Kontext scheint zu entscheiden. Hängt es in der Galerie, ist es Kunst, ist es in der Zeitung, handelt es sich um Presse und hängt es an der Litfaßsäule, ist es Werbung. So muß ich es in Frankreich für meine Sozialversicherung aufschlüsseln.
Und wie sehen nun die Bilder in 10 Jahren aus? Und wie wird sich die Arbeitwelt für die Fotografen verändern? Professionelle Fotografie wird immer gebraucht.
Alle Vorhersagen bleiben Spekulation.
Fotografie macht Spass. Es gibt viel zu tun.
Andreas Licht, Paris, 14.5.2011
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